Wir haben unseren Referenztrainer Serge Schiltz über die neue Version von hermes 5 befragt: Hermes 2022 vs ein Upgrade von Hermes 5 auf Hermes 2022?
Warum die Aktualisierung? Was beinhaltet die neue Methode? Wird es Änderungen geben und wenn ja, welche?
Serge hat all diese Fragen in unserem letzten Interview beantwortet.
1. Warum gab es ein Upgrade von Hermes 5 auf Hermes 2022?
Die Projektmanagementmethode HERMES wurde schon immer laufend aktualisiert. Die letzte grosse Neuerung HERMES 5 datiert von 2013; insofern war es Zeit für eine Überarbeitung. Die letzten 15 Jahre war die Integration von agilen Entwicklungsmethoden in HERMES ein ständiges Diskussionsthema, was bereits 2014 mit dem Hinweis «inkl. Agilität» auf den HERMES 5.1-Handbüchern zum Ausdruck kam. Ab dieser Ausgabe wurde im letzten Kapitel des Referenzhandbuchs «Hinweise zur Anwendung» erläutert, wie ein iteratives Vorgehen in das HERMES-Phasenmodell mit seinen strikten «Quality Gates» integriert werden kann. Dieses liess aber viele Fragen offen und verlangte von den Beteiligten sehr viel Interpretation, wobei in der Praxis letztlich auch die von HERMES definierten Regeln «gebogen» werden mussten. Mit HERMES 2022 wird nun ein Rahmen definiert, in den grundsätzlich beliebige Entwicklungsmethoden – agil oder nicht – als «Black Box» integriert werden können. Dies entspricht den Anforderungen der heutigen Praxis Projekten.
2. Was ist neu oder anders in der Version HERMES 2022 im Vergleich zur Version HERMES 5?
Im Detail gibt es natürlich sehr viele kleine Änderungen, aber im grossen Ganzen sind die Me-thoden-Elemente und deren Definitionen sehr ähnlich geblieben. Eine wesentliche Änderung ist, dass es neu neben dem klassischen Vorgehen mit den Phasen «Konzept – Realisierung – Einführung» nun alternativ ein offenes, «agil» genanntes Vorgehen gibt, welches diese drei Phasen mit einer einzigen Phasen «Umsetzung» ersetzt. Diese Phase nimmt das Vorgehensmodell einer beliebigen Entwicklungsmethode auf und ermöglicht so auch iterative und inkrementelle Ansätze. Ein weitere grosse Änderung hat die Rolle «Anwendervertreter» erfahren. Diese Rolle ist nun, wie ihre Bezeichnung es zum Ausdruck bringt, wirklich der Interessensvertreter der Partnergruppe «Anwender» und übernimmt eine massgebliche Rolle in der Ausgestaltung der durch das Projekt bereitgestellten Lösung. Bei verschiedenen Entwicklungsme-thoden wird der Anwendervertreter mit dem «Product Owner» gleichgesetzt.
3. Welche sind die Ziele des neuen HERMES 2022?
HERMES 2022 ist die Antwort auf die weiterentwickelten Anforderungen an die Projekte. Die Welt ist schnelllebiger geworden: Lösungsanforderungen entwickeln sich über die Laufzeit der Projekte weiter und können heute nicht mehr zu Beginn eines Projekts eingefroren werden. Auch erschwert es die Komplexität der Lösungen zunehmend, alle Anforderungen zum Beginn eines Projekts abschliessend definieren zu können. In diesem Sinne ist es das Ziel von HER-MES 2022, die Interessen der Stakeholder berücksichtigen zu können, selbst wenn diese sich erst im Laufe der Zeit konkretisieren oder gar Veränderungen unterliegen.
4. Wie ist die Entwicklung von Hermes 2022 im Sinne des Timings von Tüv Süd geplant?
Bei den Zertifizierungsstufen gibt es keine Änderungen, es bleibt bei «Foundation» und «Advanced». Auch die Gültigkeiten bleibt unverändert; inhaltlich gibt es selbstverständlich Anpassungen. Der Wechsel bei den Zertifizierungen ist ein «harter»: es wird keine zeitliche Überlappung bei der Verfügbarkeit der Zertifizierungsprüfungen geben. Zum Zeitpunkt der Umstellung auf HERMES 2022 im April werden die Prüfungen für beide Zertifizierungsstufen auf Deutsch und Französisch zur Verfügung stehen. Englisch folgt zu einem späteren, noch nicht bekannten Termin. Italienische Prüfungen sind leider auch bei HERMES 2022 nicht vorgesehen. Für die Prüfungen auf Englisch bedeutet dies leider, dass es einen Zeitraum geben wird, während dem keine Zertifizierungen möglich sind. Ich empfehle daher den englischsprachigen KollegIn-nen, unbedingt noch eine HERMES 5-Zertifizierung vor Ende Marz zu absolvieren.
5. Wie werden sich Lernziele und Prüfungen verändern?
Die Lernziele für die Zertifizierungen nach HERMES 2022 sind angepasst. Die Form der Prüfungen bleibt aber gleich:
• Foundation: 1 Stunde, 40 Fragen Multiple Choice – Single Answer, Closed Book
• Advanced:
- Teil 1: 1 Stunde, 30 Fragen Multiple Choice – Multiple Answer, Closed Book
- Teil 2: 1 Stunde, 15 Minicases Multiple Choice – Multiple Answer, Open Book
Aufgrund der Anpassung der Szenarien ist auf der Foundation-Stufe neu das Modul «Beschaffung» prüfungsrelevant und diverse Themen des Kapitels «Hinweise zur Anwendung» auch. Für die Advanced-Prüfung sind neu alle Module prüfungsrelevant. Insofern werden die Prüfun-gen auf beiden Stufen sicher anspruchsvoller.
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